Nadine (36), Trail-Läuferin, schreibt über ihr erstes DNF bei einem Trailrun:
Vor zwei Jahren nahm ich an einem Trailmarathon in den österreichischen Alpen teil. 45 Kilometer und viel zu viele Höhenmeter. Beim Start fühlte ich mich noch ziemlich gut. Meine Beine waren frisch, die Sonne schien, mein Equipment war komplett, alles super! Aber nach etwa 15 Kilometern hörte ich mitten in einem Downhill erst ein Knacken und kam dann kurz aus der Balance. Ich dachte sofort: Oh oh, das wird ein Schuhnotfall. Bitte kein DNF!
Bitte kein Trail DNF!
Ich blieb stehen und schaute auf meinen Schuh: Die Sohle war halb abgelöst. Das Ding bouncte bei jedem Schritt auf und ab. Keine Ahnung, wie das passieren konnte! Ausgerechnet so früh im Rennen. Die Ziellinie war leider noch gute 30 km entfernt und die nächste Verpflegungsstation auch noch 10 km oder so.
Ich bin dann erstmal gegangen, weil laufen war einfach nicht mehr möglich. Es hat nicht mehr lange gedauert, da kam eine kleine Ortschaft. Ich humpelte da mehr oder weniger durch und kam an einem freundlichen älteren Mann vorbei, der erst meinen kaputten Schuh musterte und mich dann mit einem breiten Grinsen und mit großen Augen ansah. Wir kamen ins Gespräch.
Hans mit dem Panzertape
Er stellte sich als Hans vor und war ein ortsansässiger Handwerker. Hans meinte, ich solle kurz warten. Ich kam eh nicht wirklich vom Fleck, also wartete ich. Hans verschwand in seiner Garage und kam prompt mit einer Rolle Panzertape zurück. Er sagte sowas wie: „Das hält alles zusammen, auch dich und deine Sohle“. Ich war skeptisch, aber ließ ihn dann doch machen und so half mir Hans netterweise, meinen Schuh provisorisch zu reparieren.
Mit diesem improvisierten „Panzerschuh“ machte ich mich dann wieder auf den Weg. Die Sohle hielt erstmal. Aber jetzt hörte ich bei jedem Schritt so quietschende Geräusche. Das war das Panzertape und das Gequietsche war ziemlich nervig. Ich dachte nur: Das wird ein DNF by Quietschgeräusche.
Mein erstes Trailrun DNF
Weil der hochalpine Teil der Strecke noch vor mir lag und ich mir unsicher war, ob die Sohle halten würde, sagte ich zu mir: Nadine, das macht keinen Sinn mehr. Akzeptiere einfach dein erstes Trailrun DNF und gut ist es.
Ich rief bei der Rennleitung an, um mich schweren Herzens vom Rennen abzumelden. Mein erstes did not finish! Das tat ein bisschen weh. Aber das größere Problem war: Wie komme ich zurück zum Start-Ziel-Bereich? Ich war noch in der Ortschaft, die letzte Verpflegungsstation lag weit zurück und bis zur nächsten dauerte es auch noch Ewigkeiten.
Vom Trail zum Grill
Weil Hans echt freundlich war, marschierte ich quietschend zu seiner Werkstatt zurück. Als er mich sah, grinste er wieder breit und klopfte mir auf die Schulter. Er konnte gut nachempfinden, was ich fühlte. Ich erzählte mir nämlich, dass sein Sohn auch Trails läuft und auch schon DNFs hatte. Es war schön, verstanden zu werden.
Und dann brachte mich Hans in seinem Auto zurück in die Stadt. Während der Fahrt meinte er, dass er an diesem Abend mit seiner Familie noch grillte und er fragte mich, ob ich nicht auch kommen mag.
DNF kassiert, Freunde gewonnen
Ich nahm die Einladung sehr gerne an und saß dann am selben Abend noch mit ihm und seiner Familie beim Grillen. So ging mein Trailrun in den österreichischen Alpen zwar mit einem DNF zu Ende, aber ich gewann neue Freunde. Einmal im Jahr treffe ich Hans uns seine Familie und wir lachen immer noch über mein DNF (und den Panzerschuh).